Dieser Blogpost ist basierend und eine Ergänzung zu der früheren Veröffentlichung des Blogs Posts "Wabi Sabi eine Definition in Design und Bonsai Gestaltung" auf dieser Webseite.
Die Vorbereitung des Tones
Wir schneiden von dem großen Tonblock mehrere große Stücke ab.
Nach dem Auswalzen muss die Oberfläche mit so genannten Rubber Kidneys glatt gestrichen werden, um entstandene Spannungen wieder auszugleichen, die Oberfläche zu glätten und zu verdichten.
Diese können sonst beim Trocknen oder späteren Brennen, unwiederbringliche strukturale Risse erzeugen.
Unter dem Mikroskop betrachtet, besteht der Ton aus plattenförmigen Stücken, die unter- und übereinander angeordnet sind.
Zwischen diesen Platten, je nach Feinheit des Tons (auch Grog genannt), ist eine Art Schlamm der die Bestandteile zusammenklebt.
Es gibt dafür aus Kunststoff hergestellten Werkzeuge von z.B. Mudtools in unterschiedlichen Härtegraden.
Von weich (rot) bis blau (hart). Zuerst hart zum Ausgleichen von Unebenheiten, dann weich zum Glattziehen der Oberfläche und Verteilung des feinen "Schlammes" über die größeren Partikel.
Zu Erinnerung: Je nach Tonart ist es immer eine Mischung aus feinen und groben Bestandteilen, die für eine erhöhte Festigkeit, geringeren Wasseraufnahme und damit Frostbeständigkeit des fertig gebrannten Stückes sorgen.
Grob werden jetzt die Teile mit einem Messer ausgeschnitten,
Tipp: lieber etwas größer als benötigt, denn Abschneiden kann man immer und ein "Ankleben" verhindert einen homogenen Aufbau!
Einbringen von Struktur
Je nach gewünschtem Ausdruck kann man die glatte Oberfläche behalten, oder mit einer Struktur versehen.
Diese sollte zu einem frühen Zeitpunkt, d.h. wenn der Ton noch sehr weich und flexibel ist, mit einem Struktur gebenden "Stempel" geprägt werden.
Je nach Ästhetik eignen sich dazu entweder z.B. Steine, Holz oder Objekte die somit ihren Charakter auf das fertige Stück übertragen.
Hier ein Beispiel eines Plastikkörpers von einem Star Wars Pod Racer!
Dieser symbolisiert ein Fahrzeug aus der Zukunft, das Abgestürzt ist und seinen Abdruck oder Spuren, als eine Art Fossile, hinterlassen hat.
Ein Symbol für das Ende der Zukunft!
Das fertig gestellte Gefäß wurde Anfang 2024 im Rahmen der Bonsai Trophy 2024 in Genk, Belgien ausgestellt und fand viel Anklang beim Publikum!
Hier mehr Details und Bilder:
Erst später werden die Stücke, nach dem Antrocknen in einen lederharten Zustand, mit einer Schablone in die genaue Größe zugeschnitten.
Das Vorbereiten der Kontaktflächen
In diesem Zustand, d.h. lederhart, werden die Kontaktflächen zugeschnitten
und sollten möglichst genau vorbereitet werden.
Tipp: Je enger die Kontaktflächen zusammenpassen, desto weniger Risse können entstehen.
Hier ein Werkzeug um unterschiedliche Winkel oder Fasen einzuschneiden:
Diese zukünftigen "Nähte" werden mit einem Messer oder speziellem Stahlblech mit scharfen Zähnen durch kreuzweises Anritzen aufgeraut.
Zeit Dich zu entspannen und das erste Antrocknen der so vorbereiteten Stücke abzuwarten!!!
Tipp: Wichtig ist, die Teile bereits nach ihrem Einsatzort auf eine weiche Unterlage z.B. Schaumstoffolie anzuordnen.
Beim anschließenden Zusammenfügen die Teile so wenig wie möglich zu Bewegen, um die strukturierten Oberflächen nicht zu verletzen und deren Form- und Passgenauigkeit sicher zu stellen.
Es sollten jetzt leichte Markierungen für die Belüftungsöffnungen von Innen angezeichnet und größere Durchbrüche ausgestanzt werden, denn auf dem Halt bietenden Untergrund wird ein Verbiegen der Flächen vermieden.
Das Zusammenfügen der Elemente
Sind die Stücke Lederhart (je nach Aussentemperatur und Luftfeuchtigkeit nach 1-2 Tagen) können sie verbunden oder verschweißt werden.
Aus flachen Stücken kann ein 3-dimensionales Bonsai Gefäß Form und Volumen annehmen.
Die Kontaktflächen, aufgeraut und hungrig nach Flüssigkeit, werden mit einer Emulsion aus Wasser und aufgelöstem Ton, dem sogenannten "Schlicker" verbunden.
Wie bei traditionellem Klebstoff sollte hier so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig, benutzt werden.
Tipp: Dessen höherer Wassergehalt kann dafür sorgen, das beim anschliessenden Trocknen dieser Bestandteil sich mehr zusammenzieht und eine Rissbildung begünstigt.
Es geht darum eine möglichst homogene Masse aus flüssig und festen Bestandteilen herzustellen um ein kompaktes Ganzes zu erzeugen.
Die vorbereiteten Platten werden senkrecht angehoben, zueinander orientiert und zusammengeschoben, leicht hin und her bewegt um ein "Verzahnen" der aufgerauten Kontaktflächen zu erreichen.
Mit einem weichem Pinsel und kleinem, spitzen Stift wird nun das überflüssige, ausgequetschte Bindemittel in die Naht gestrichen und eventuelle Lufteinschlüsse entfernt.
Sobald alle Teile sicher verbunden sind (auf eine gerade Ausrichtung achten) und mit einer Platte von Oben alle Teile leicht andrücken.
Nach dem Einbringen des "Klebstoffes" mit einem höheren Feuchtigkeitsgehalt, muss für eine ebenmässige Verteilung des Wassers im gesamten Gefäß gesorgt werden um eventuelle Spannungen auszugleichen und zu egalisieren.
Tipp: Am besten das gute Stück in einem Kunstoffbeutel über Nacht zur Ruhe kommen lassen...
Dieses Timing ist der Garant um später keine Probleme durch Verzug und Rissbildung zu bekommen.
Nach einer hoffentlich sorglosen Nacht werden die Nähte von Innen durch Ton verstärkt.
Dazu wird eine weiche "Tonwurst" in die Verbindungsnaht eingedrückt und von der Mitte ausgehend seitlich verstrichen.
Anbringen von Rand und Verstärkung
Nach dem langsamen Angleichen der Feuchtigkeit im gesamten Gefäß, können nun die Verdrahtungslöcher angezeichnet und durchgestochen werden, sowie der stolze Markenstempel in den Ton auf der Unterseite eingedrückt werden.
Jetzt ist es Zeit zum Entspannen von Dir und Gefäß !
Der Trocknungsprozess
Je nach Jahreszeit und Witterung sollte das Gefäß ganz langsam getrocknet werden.
Über einen Zeitraum von 1-2 Wochen wird durch gleichmäßige Belüftung der Wassergehalt langsam reduziert.
Die auftretende Schrumpfung von ca. 20% muss so erfolgen um die böse Rissbildung durch Spannungen zu verhindern!!!
Tipp: Zu Anfang kann das Gefäß mit Gewichten flach beschwert werden um einem ungleichmässigem Verziehen entgegenzuwirken!
Wenn das Unvorhergesehene passiert...
Ereignisse die ungeplant sind benötigen Flexibilität in der Denkweise...
Froh und munter, das dieser Topf nun auf sein Durchtrocknen wartet, nach ca. einer Woche der Ruhe, wollte ich nur kurz alles überprüfen…
Eine falsche Bewegung und eine wackelige Arbeitslampe sollte auf den fast trockenen Topf krachen...
Eine kurzen Atempause und ein Aufschreien: Schei...e!!!
Die Kollision hatte einen Spannungsriss auf einer Seite eingebracht!
Einfach mit frischem Ton zuschmieren? Alle Arbeit zunichte machen und von Vorne anfangen?
Nein, ich erinnerte mich an die Auseinandersetzung mit dem Thema Wabi Sabi und das Unvollkommene, Kaputte zu akzeptieren!
Tja, aber wie nur, kaputt ist kaputt...alles sollte doch perfekt sein!
Deswegen bohrte ich nach dem ersten erfolgreichen Brennen der Schale Löcher in die gebrochene Wand und akzentuierte die betroffenen Stellen mit Oxiden um bewusst einen alternden Charakter zu geben.
Dann nach dem letzten Brand bei 1250 Grad wurden die gebohrten Löcher mit Kupferdraht verbunden und "zusammengenäht"
Der Kontrast, brauner Ton und roter Kupferdraht, verleiht dem Bonsai Gefäß den Character von Wabi Sabi.
Etwas lieb gewonnenes das sich lohnt zu reparieren auch wenn es nicht perfekt ist und eventuell nicht dem vorherrschendem Schönheitsideal entspricht.
Das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen und ist für mich ein Beispiel vermeintliche Fehler zu akzeptieren und einen Vorteil werden zu lassen !!!
Comments